Wo erkennen Sie im Moment die größten Probleme der Gastronomie und welche Lösungsansätze sehen Sie?
Ich bin ja parteilos, das macht die ganze Sache vielleicht noch einmal frischer. Mir liegen insbesondere der Mittelstand und die kleinen Unternehmen am Herzen. Diese müssen viel mehr unterstützt werden, damit sie Innovationen, Ideen und Visionen ausleben können. Genau das brauchen wir nämlich wieder für unser Wachstum. Wir brauchen mehr Gründungen und mehr Visionäre. Und genau das ist auch das Thema in der Hotellerie und Gastronomie: Wie können wir Hoteliers und Gastronomen Rahmenbedingungen geben, damit sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können? Damit sie wieder Innovationen und Visionen anbieten und damit Wachstum generieren können. Damit sie sich nicht damit beschäftigen müssen, wie sie die Bettensteuer abrechnen, das Arbeitszeitkonto führen, die Datenschutzgrundverordnung umsetzen. Das sind Themen, die die Politik den Gewerbetreibenden aufbürdet, ohne zu wissen, wie viel da dranhängt.
Das heißt, Ihre Empfehlung wäre, die Bürokratie an diesen Stellen zu vereinfachen bzw. abzuschaffen?
Es ist immer leicht gesagt, Bürokratie abzuschaffen. Man muss konkret schauen, wo fängt man an. Zurzeit muss der Meldeschein in der Hotellerie immer noch handschriftlich ausgefüllt werden, ab 2020 kann dies nun auch digital gemacht werden. Das ist begrüßenswert, kann aber nur ein erster Schritt sein. Wir machen alles mit dem Handy, jeder hat immer eines dabei. Warum kann es dann nicht mehr digitale Lösungen geben?
Für viele kleine und mittlere Unternehmen stellt die Digitalisierung eine Herausforderung dar. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
In der Tat ist es für kleine Unternehmen oft viel schwieriger. Aber, es ist gefährlich wichtige Trends zu verschlafen. Dabei spiele ich auf die Buchungsportale und die Plattformökonomie an, die die Hotellerie quasi übersprungen haben. Die Hoteliers sind erst aufgewacht, als die Portale mit einem Fuß schon in der Tür waren, in der Tür des eigenen Vertriebs und des eigenen Produktes. Und das kann nicht angehen. Hier muss man vorausdenken und mit der Zeit gehen und rechtzeitig überlegen, lasse ich mir die Hoheit über meinen eigenen Vertrieb nehmen oder nutze ich diese Mittelsmänner und arbeite mit ihnen gemeinsam.
Würden Sie es begrüßen, wenn mehr Unternehmer politisch aktiv würden?
Auf jeden Fall! Wenn man aus der Wirtschaft kommt, hat man eine ganz andere Herangehensweise und Sichtweise auf Themen. Viele Politiker wissen oft gar nicht, womit sich die Unternehmen tagtäglich beschäftigen. Das Traurige aber ist, dass wenige Menschen aus der Wirtschaft in die Politik gehen. Ich glaube, ein Grund dafür ist die häufig negative Darstellung in der Presse.
Sie sind erfolgreiche Unternehmerin, politisch aktiv und Sie haben vier Kinder. Was macht Ihre Balance aus?
Politik ist wichtig, aber ich bin eine Frau der Wirtschaft und werde das auch immer bleiben. In erster Linie bin ich Unternehmerin, und dies für unser Familienunternehmen jeden Tag sehr gerne. Natürlich bin ich auch Mutter, und das ist ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben – der wichtigste. Es ist ein Balanceakt und es braucht eine gewisse Gelassenheit und Flexibilität, das alles zu handhaben. Und ich lege Wert darauf, auch Abende in der Woche zu Hause bei meiner Familie zu sein und dann mal keine beruflichen Termine wahrzunehmen. Eine weitere Regel, die ich versuche einzuhalten, ist, dass ich mit jedem Kind einmal im Jahr alleine wegfahre, um die Zeit mit jedem Kind alleine zu haben. Das ist alles eine Sache der Organisation und der Prioritätensetzung.
Welche Werte sind Ihnen bei Ihrer Arbeit, Ihrem politischen Engagement und Ihrem familiären Umfeld wichtig?
Als erstes die Ehrlichkeit. Ich möchte am Abend in den Spiegel schauen und sagen können: Ja, du hast für das gestanden, was dir wichtig ist. Dann ist Bodenständigkeit für mich von großer Bedeutung. Ich möchte als jemand verstanden werden, der weiß, wie wichtig die Basis und die Wertschätzung der Mitarbeiter sind, die für unser Unternehmen das tägliche Geschäft machen. Es ist mir wichtig, das auch meinen Kindern zu vermitteln. Der dritte Wert ist der Respekt füreinander. Sich auf den Stuhl des anderen zu setzen und einfach mal, bevor man wertet, zu sehen und zu hören, wie es sich auf dem Stuhl des anderen anfühlt. Auch das ist etwas, was ich versuche, meinen Kindern jeden Tag beizubringen.
Und ein Wert, der mich dazu angetrieben hat, diesen Lebensweg auf diese Art und Weise einzuschlagen, ist die Unabhängigkeit. Es ist dieser Antrieb selbstständig zu sein, meinen Tag und meine Gedanken selber gestalten zu können.