Milchgipfel in Brüssel
26. Februar 2019Jan Werner, Head of Legal International der METRO AG, nahm am Milchgipfel 2019 teil.
Der vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Milchindustrie-Verband (MIV) organisierte Milchgipfel fand am 21. Februar 2019 in Brüssel statt.
Mit Teilnehmern von der Europäischen Kommission (GD AGRI), dem Bundeskartellamt, dem Deutschen Bauernverband (DBV), dem Milchindustrie-Verband (MIV), dem nordrhein-westfälischen Umweltministerium und der METRO AG wurden die Fragen untersucht, ob die neue EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken dem Milchsektor, insbesondere den Milcherzeugern, helfen wird, ihre Erträge zu stabilisieren, wie sich die Richtlinie auf Groß- und Einzelhandelsunternehmen auswirken wird und wo wettbewerbsrechtliche Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Während die weltweite Nachfrage nach Milch und Milchprodukten weiter steigt, ging das Produktionswachstum 2018 witterungsbedingt zurück. Dennoch wird in der EU aufgrund der anhaltenden Nachfrage für 2019 ein Zuwachs der Milcherzeugung um 0,7 % erwartet.
Obwohl die ursprüngliche Absicht des Kommissionsvorschlags der Schutz der Landwirte war, hat die von den EU-Institutionen im Dezember 2018 getroffene UTP-Vereinbarung den Anwendungsbereich auf Lieferanten und Lebensmittelverarbeiter mit einem Umsatz von bis zu 350 Millionen Euro ausgedehnt, ohne dass garantiert ist, dass der von diesen Verarbeitern erzielte Nutzen an die Landwirte weitergegeben wird. Die Richtlinie schützt zwar Lieferanten vor Abnehmern, bietet aber keine Reziprozität; sie diskriminiert daher Abnehmer hinsichtlich ihrer Gleichbehandlung vor dem Gesetz.
Der Kommissionsvertreter wies darauf hin, dass die drei Grundsätze des ursprünglichen Vorschlags beibehalten worden seien, nämlich dass es sich bei der Richtlinie um eine Maßnahme zur Mindestharmonisierung handele, dass Kleinunternehmen gegenüber Großunternehmen geschützt würden und dass es einen wirksamen Durchsetzungsmechanismus gebe. Während die Teilnehmer des Deutschen Bauernverbandes (DBV), des Milchindustrie-Verbands (MIV) und des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums die neue Richtlinie begrüßten, da diese zur Gleichstellung kleiner und großer Akeure beitrage, wiesen sie auf die administrativen Schwierigkeiten im dynamischen Ansatz hin und bemerkten, dass nicht alles durch Agrarpolitik gelöst werden könne. Als Hauptziel wird dabei nicht der Schutz der Landwirte gegenüber den Verbrauchern angesehen, sondern die Steigerung des Einkommens der Landwirte.
Jan Werner, Head of Legal International der METRO AG, sprach von der Enttäuschung des Einzel- und Großhandels über den Rechtsetzungsprozess und den Ansatz der österreichischen Präsidentschaft – nämlich den Bauern im Endeffekt ein Weihnachtsgeschenk zu machen. Er fügte hinzu, dass nur 20% der produzierten Milch tatsächlich vom Einzel- und Großhandel verkauft werden und der Rest an die verarbeitenden Industrie geht. Auch unterstrich er, dass ein Verbot bestimmter Geschäftsbedingungen das Einkommen von Landwirten nicht erhöhen wird. Der Milchpreis hänge nicht von vertraglichen Bedingungen ab, sondern von der Nachfrage, die beispielsweise von den Handelskrisen in Russland und China beeinflusst werde. Die neue Richtlinie erlegt dem Groß- und Einzelhandel die Finanzierungslast auf, insbesondere für Produkte mit einer Haltbarkeit von mehr als 60 Tagen. In der Praxis kann sie neue protektionistische Maßnahmen in verschiedenen Ländern begünstigen, mit denen internationale Unternehmen bei geringfügigen Rechtsverletzungen durch unverhältnismäßig hohe Geldbußen diskriminiert werden. Die Verlagerung von Wohlstand von den Verbrauchern auf die Landwirte sei ebenfalls keine sinnvolle marktwirtschaftliche Herangehensweise. Selbst der Milchindustrie-Verband erwartet durch diese Gesetzgebung keine nennenswerte Verschiebung entlang der Wertschöpfungskette.
Auch der Teilnehmer des Bundeskartellamtes teilte die Ansicht, dass es durch die UTP-Richtlinie zu einer Überregulierung gekommen ist. Seine Behörde befasse sich mit der Realisierung eines Gleichgewichts im Falle marktbeherrschender Stellungen und nicht mit der Erzielung höherer Einnahmen für eine Partei. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten davon überzeugt werden, für hochwertige Bio- und Fair-Trade-Produkte mehr zu bezahlen. Es gehe um den Schutz des Wettbewerbs auf dem Markt. Auf Anfrage fügte er hinzu, dass es Möglichkeiten gebe, den Angstfaktor durch anonyme Beschwerden wie Whistleblower-Mechanismen oder aggregierte Beschwerden über einen Verband zu überwinden.
Wir bei METRO verstehen die Notwendigkeit, das Einkommen von Landwirten zu erhöhen, aber der Einzel- und Großhandel ist nur für etwa 5% des Direktbezugs von Landwirten verantwortlich. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in den Mitgliedsstaaten und die Nutzung von Mediationsprozessen wie der gut funktionierenden Supply Chain Initiative werden wir in den nächsten zwei Jahren mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.
Jan Werner, Head of Legal International der METRO AG