Faire Besteuerung auf Speisen und Getränke – Gastro braucht die versprochenen 7 Prozent

18. März 2022
Die Mehrwertsteuersenkung ist weit mehr als eine Steuerreduktion: Sie ist ein Zeichen der Wertschätzung und ein Lichtblick für die Zukunft

Im Wahlkampf 2021 versprach Olaf Scholz in der ARD-Wahlarena die coronabedingte Mehrwertsteuersenkung auf Speisen im Restaurant auch nach Ende 2022 beizubehalten. Doch seit seiner Wahl zum Bundeskanzler ist es still um das Thema geworden. Dabei wäre eine langfristige Mehrwertsteuersenkung zum Saisonstart der Außengastronomie eine vielversprechende politische Entscheidung für die Zukunft.

Außengastronomie

Die Pandemie hat nicht nur die Gäste verunsichert

Lockdowns und Corona-Restriktionen haben das klassische Gastronomieerlebnis verändert. Ein Zusammenkommen mit vielen Menschen war nur unter strengen Hygienemaßnahmen möglich. Trotz erster Lockerungen läuft der Gastro-Restart vielerorts schleppend an und Gäste zeigen sich weiterhin zurückhaltend. Manche Restaurantbetreiber haben deshalb den Betrieb erst mal ganz eingestellt oder kochen auf Sparflamme. Zu groß ist die Angst vor noch einer umsatzschwachen Periode, denn die unsicheren Zeiten haben die Branche in finanzielle Engpässe gebracht. Daneben warten große Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Digitalisierung und das Innenstadtsterben. Eine langfristige Mehrwertsteuersenkung auf Speisen und Getränke erleichtert nicht nur den Restart für die Gastronomiebrachen, sondern ist ein mutmachendes Signal für eine vielversprechende Zukunft über 2022 hinaus.

Was bisher geschah: Um die stark von der Pandemie betroffenen Gastronomie zu unterstützen, reduzierte die Bundesregierung 2020 die Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants auf 7 Prozent. Im Wahlkampf 2021 sprach sich Olaf Scholz während der ARD-Wahlarena für eine dauerhafte Mehrwertsteuersenkung aus – ein starkes Signal für die vielen Selbstständigen. Seit seiner Wahl zum Bundeskanzler im Dezember 2021 wurde dieses Versprechen noch nicht in die Tat umgesetzt. Aktuell ist die Mehrwertsteuersenkung weiterhin bis zum 31.12.2022 befristet und gilt nur auf Speisen und nicht auf Getränke.

Olaf, auch Hunger auf 7%? Anbei 5 gute Gründe, warum es eine langfristige Mehrwertsteuersenkung auf Speisen und Getränke in der Gastronomie braucht:

Hunger auf 7 Prozent

1. Faire Besteuerung sichert Vielfalt

Für Speisen, die außer Haus bestellt werden oder verzehrfähig in Lebensmittelgeschäften verkauft werden, fällt grundsätzlich eine Mehrwertsteuer von 7 Prozent an. Getränke sind überall mit 19 Prozent besteuert. Die Anpassung der Steuer bei Getränken und bei Speisen, die am Tisch im Restaurant gereicht werden, würde eine langerwartete steuerliche Gleichbehandlung bringen. Gleichzeitig endet ein Durcheinander an verschiedenen Steuersätzen bei der Abrechnung eines Restaurantbesuchs.

Auch der Bundesverband DEHOGA spricht sich für eine steuerliche Gleichbehandlung unabhängig vom Ort des Verzehrs aus: „Es ist für uns eine Frage der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung und der Zukunftssicherung unserer Familienbetriebe und Restaurants“. Wichtig ist dem Verband die zukünftige Sicherung einer vielfältigen Gastronomie- und Esskultur in Deutschland.

2. Von der Hand in den Mund – Gastronomie braucht nach der Pandemie finanzielle Resilienz

Mieten und Gehälter steigen immer weiter an und Lieferketten sind unter Druck. So löst der aktuelle Krieg in der Ukraine weltweite Lieferengpässe von Waren und Lebensmittel aus und führt zu steigenden Lebensmittelpreisen, die auch die Gastronomie treffen. Dennoch bleiben die Preise für Speisen in Restaurants, vor allem im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, in Deutschland weiter niedrig. Doch um sich nicht nur über Wasser halten zu können, sondern gestärkt und motiviert in die Zukunft zu blicken, braucht es langfristig mehr Kapital für die kleinen Unternehmen. Eine Senkung des Steuersatzes soll also nicht zu einer Senkung der Preise für Speisen in Restaurants führen, sondern die Marge erhöhen und Gastronominnen und Gastronomen die finanzielle Unsicherheit der letzten Jahre nehmen. Nur so ist eine sichere Planung in die Zukunft möglich.

3. Gutes Fachpersonal kostet Geld

Eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre wird es sein, gutes und loyales Personal zu finden. Schon jetzt sucht die Gastronomie mit vielen Initiativen und Ideen nach Lösungen für das Problem. Mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro hat die Politik ein Zeichen der Wertschätzung für Fachpersonal gesetzt, welches die Gastronomie gerne weitertragen möchte. Besonders hier braucht es allerdings finanzielle Mittel, um Personal langfristig halten zu können.

4. Starke Zukunft durch Innovation und Mut

Der gesellschaftliche Wandel macht auch vor der Gastronomie keinen Halt. Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit bringen beispielsweise neue Food-Konzepte und eine neue Art des Gastronomieerlebnisses in die Städte. Restaurants profitieren von neuen Technologien und Produkten. Doch große Investitionen scheinen aktuell nicht möglich. Eine zukunftsfähige Gastronomie braucht Innovation und Wagemut, der nur durch eine kapitalstarke Branche gesichert werden kann.

5. Signal der Wertschätzung

Eine faire Besteuerung entlastet Gastronominnen und Gastronomen nach einer langen Zeit der finanziellen Unsicherheit. Laut dem statistischen Bundesamt waren die Umsätze der Gastronomie in den Jahren 2020 und 2021 so schwach wie noch nie seit Beginn der Zählung im Jahr 1994. Ein Beschluss zur langfristigen Mehrwertsteuersenkung ist ein Signal der Wertschätzung an die Branche, die unsere Gesellschaft nach mehr als zwei Jahren des Abstandes wieder gemeinsam an einen Tisch bringt.

Unabhängig der Notwendigkeit einer Mehrwertsteuerreduzierung ist vor allem die Wertschätzung der Gastronomie durch faire Preise für Speisen wichtig. Wir brauchen ein gesellschaftliches Umdenken darüber, dass die Zubereitung von Speisen ein Qualitätshandwerk ist, welches adäquat bezahlt werden muss. Die Reduktion der Mehrwertsteuer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Gutes Personal ist teuer