Einwegprodukte zu ersetzen und gleichzeitig kostspielige Mehrwegalternativen anzuschaffen sind zusätzliche Hürden, die Betriebe nehmen müssen, um ihr Geschäft erfolgreich neu starten zu können. Vor allem wenn man bedenkt, dass es abgesehen von privatwirtschaftlichen Anbietern noch überhaupt keine übergreifende Infrastruktur gibt, die das seitens des Gesetzgebers geforderte Mehrwegsystem umsetzen kann. Über den lang ersehnten Restart nach sieben Monaten Lockdown und den stetig wachsenden regulatorischen, aber auch gesellschaftlichen Druck, das Geschäft nachhaltiger zu gestalten, darüber haben wir zum Tag der nachhaltigen Gastronomie mit drei Unternehmer_innen in Berlin gesprochen.
Unser erster Gesprächspartner ist Aymann Azzawi, ein aus Syrien stammender Berliner der 2016 sein Unternehmen „refueat“ gegründet hat. Angefangen mit einem mobilen Street Food Geschäft auf Rädern hat er heute ein Catering-Business und produziert u. a. für den Lebensmitteeinzelhandel. Wir waren im Herzstück seines Unternehmens, einem kleinen „Soul-Food“ Imbiss in Berlin-Kreuzberg. Refueat hat die Krise mit einem „blauen Auge“ überlebt. Das liegt vor allem daran, dass Aymann sich gemeinsam mit seinem Partner Andy Munser mehrere Standbeine aufgebaut hat. Durch den Imbissverkauf, sogenannte Food-Bikes, einen neuen Onlineshop und die Lebensmittelproduktion konnte man den pandemiebedingten Wegfall des Catering-Geschäfts zumindest teilweise kompensieren.
Nachhaltigkeit als Wandel, der überall angekommen ist
Nachhaltigkeit beginnt für Aymann dabei schon bei der sozialen Dimension seines Geschäftskonzepts. Refueat wurde gegründet, um Geflüchteten einen Arbeitsplatz zu geben. „Nachhaltige Integration funktioniert nur, wenn Du im echten Leben dabei bist“, erklärt Aymann. Neben der starken sozialen Komponente gestaltet Aymann sein Geschäft aber auch in anderen Bereichen nachhaltig. Denn es muss sich für ihn im gesamten Konzept widerspiegeln. „Es ist ein Wandel, der ist überall angekommen“ antwortet er auf die Frage nach seiner Motivation.
In seinem Take-Away und Catering Geschäft setzt Aymann ausschließlich nachhaltige Verpackungen ein. Da er keine seine Vorstellungen entsprechenden Produkte fand, arbeitete er kurzerhand mit einem Start-up aus Berlin zusammen, arekapak. In der Partnerschaft sind aus getrockneten Palmblättern hergestellte Behältnisse entstanden, ein hundertprozentiges Naturprodukt.
Natürlich gibt es Aspekte die für refueat noch eine Herausforderung sind – aus Lager-, Kapazitäts- oder Transportgründen. Eine zentrale Herausforderung ist aus Aymann’s Sicht allerdings der Preis für nachhaltige Alternativen. Zwar gilt das Einwegplastikverbot schon in ein paar Wochen. Das heißt aber nicht, dass es bereits genügend Alternativen auf dem Markt gibt. Auch wenn aktuelle Studien eine gewisse Zahlungsbereitschaft der Kund_innen zeigen, stellt sich Aymann die Frage nach der konkreten Umsetzung von Preiserhöhungen in seinem Unternehmen.
Besonders kleine Betriebe haben Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Mehrweg
Bei der Umsetzung der neuen Mehrwegpflicht kommt es für Aymann vor allem auf das Volumen und die Logistik an. Mehrweggeschirr ist auf Food-Bikes schwierig zu transportieren, wenn es um Bewirtungen von bis zu 500 Gästen geht. Je nach Größe eines Betriebs sollte es deshalb entsprechende staatliche Unterstützung geben, schlägt Aymann vor. Denn auch hier kommt der Markt ins Spiel. Viele der bestehenden Mehrwegkonzepte sind noch unausgereift oder zu teuer. Auch die Kundenperspektive gilt es nicht zu vergessen. Ein entsprechendes Kreislaufsystem muss für alle funktionieren. „Nur weil es von meiner Seite funktioniert, heißt es nicht, dass es für den Kunden funktioniert“.