Erholung & Wiederaufbau: Europa in einer Zeit der Krise stärken

10. Juli 2020
Die 14. Brüsseler Mittwochsgesellschaft

Am 8. Juli veranstaltete die Europäische Bewegung International und METRO eine Onlinediskussion mit Paolo Gentiloni, EU-Kommissar für Wirtschaft, der rumänischen Europaabgeordneten Clotilde Armand (Renew) und Olaf Koch, Vorstandsvorsitzender der METRO AG. Hauptthema der Diskussion war der Recovery Fund der EU und die geplanten Maßnahmen zur wirtschaftlichen Erholung.

14. Brüsseler Mittwochsgesellschaft

Die Reaktion der EU auf diese Krise kann als "so far so good" statt wie sonst als "too little too late" bezeichnet werden.

Für Europa bedeutet die aktuelle Krise einen beträchtlichen wirtschaftlichen Abschwung, der die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit weitreichenden Folgen konfrontiert. Diese Herausforderung hat viele dazu veranlasst, für ein koordiniertes und substanzielles europäisches Konjunkturpaket zu plädieren, welches es den EU-Mitgliedstaaten, Unternehmen und Bürgern ermöglicht, möglichst unbeschadet aus der Krise herauszukommen. Doch die Debatte hat sich polarisiert, und eine Einigung über Art und Umfang des vorgeschlagenen 750 Milliarden Euro-Pakets ist nach wie vor in weiter Ferne.

Eröffnet wurde die Mittwochsgesellschaft von Joe Lynam von der BBC, der darauf hinwies, dass dies die schwerste wirtschaftliche Krise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg sei, mit enormen Auswirkungen auf Bürger und Unternehmen.

Paolo Gentiloni

Die Diskussion begann mit Paolo Gentiloni, dem Kommissar für Wirtschaft und ehemaligen Premierminister der Italienischen Republik. Seine zentrale Aussage war, dass Europa den Weg des Aufschwungs bereits eingeschlagen habe, aber der Weg mit großer Unsicherheit gepflastert sei. Darüber hinaus vergrößerten sich die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten. Während einige Mitgliedsstaaten bereits 2021 wieder die gleiche wirtschaftliche Leistung wie 2019 erreichen werden, werden sich andere Mitgliedstaaten nicht so schnell erholen. Die Reaktion der EU auf diese Krise kann als "so far so good" statt wie sonst als "too little too late" bezeichnet werden. Die EU erlaubte eine flexible Nutzung von staatlichen Beihilfen und Steuervorschriften, vergab Kredite und Darlehen an Mitgliedsstaaten zur Unterstützung ihrer Gesundheitssysteme und hat den Recovery Fund mit 750 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Allerdings ist eine rasche Einigung (bereits im Juli!) auf das Konjunkturpaket erforderlich, um zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit steigt und um die sozialen Auswirkungen der aktuellen Krise zu verringern.

Die rumänische Europaabgeordnete Clotilde Armand (Renew) sprach vor allem über die Kohäsion zwischen West- und Osteuropa. Sie kritisierte das Standardargument der Nettozahler u.a. den "sparsamen Vier" und ihre These, wonach der großzügige Westen für den armen Osten bezahle. Ein neues Konzept, welches die Realität zeige, sei erforderlich: Der Binnenmarkt bringe einen Mehrwert für Unternehmen und Bürger, aber nicht für alle gleichermaßen. Ein funktionierender Binnenmarkt müsse auf einem fairen Gleichgewicht der EU-Ressourcen basieren, einschließlich der Kohäsionsfonds für weniger wettbewerbsfähige Regionen.

Clotilde Armand

Olaf Koch

Olaf Koch erläuterte die Auswirkungen der Krise auf unser operatives Geschäft, aber auch auf die Hauptkundengruppe der METRO, das Gastgewerbe. Dieser Sektor beginne sich langsam zu erholen, jedoch müssen wir alle KMUs im Gatronomie-Sektor unterstützen, da sie für den wirtschaftlichen Aufschwung Europas von entscheidender Bedeutung seien. Seit Beginn der Krise habe METRO die KMUs im Gastgewerbe unterstützt, zum Beispiel durch Hilfe bei der Umsetzung neuer Konzepte oder bei der Beratung über Hilfsangebote während der Krise. Diese Krise könne auch eine Chance für die Unternehmen in Europa sein: Wenn der Recovery-Fonds für Investitionen in die Digitalisierung von Unternehmen genutzt würde, bestünde das Potential für einen nachhaltigen und dynamischen Aufschwung. Der Lockdown hat gezeigt, dass diejenigen Unternehmen, die bereits mit der Digitalisierung ihrer internen Prozesse und ihres Geschäftsmodells (z.B. Auslieferung) begonnen hatten, besser positioniert waren als diejenigen, die hinterherhinkten.

Alle Podiumsteilnehmer zeigten sich optimistisch hinsichtlich der wirtschaftlichen Erholung in Europa und betonten das große Potenzial des EU Recovery-Funds. Paolo Gentiloni betonte abschließend, dass das Ziel des Pakets darin bestünde, eine weitere Fragmentierung des Binnenmarkts zu verhindern, da der Binnenmarkt der beste Garant für eine schnelle wirtschaftliche Erholung und das Wohlergehen seiner Bürger sei.

Die 14. Brüsseler Mittwochsgesellschaft fand online statt; die Aufzeichnung der Diskussion ist online verfügbar: brussels-wednesdaysocial.eu